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… und sie bewegt sich doch! „Mutter Kirche“ und Caritas der Zukunft Thema beim CariTag

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Über den eigenen Kirchturm hinausblicken und agieren“, könnte mitunter das Fazit dieses bunten Tages lauten.Über 140 Caritas-Interessierte aus Hauptberuf und Ehrenamt fanden sich kürzlich in der Finnentroper Festhalle zum jährlichen CariTag ein. Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die von vielen Akteuren getragen wurde, stand ein ganz besonderer Inhalt: „Kirche – Auftritt statt Austritt“. Caritas ist Teil von Kirche. Doch die Identifikation fällt zunehmend schwerer.

Denn, so fasste es Lothar Epe, Vorsitzender des Caritasrates in seinen Begrüßungsworten zusammen: „Wir spüren und sehen den gravierenden Umbruch und erleben uns zwischen Resignation, Wut, Enttäuschung, aber auch neuen Aufbrüchen.“ Und immer gehe es sowohl um die Organisation, als auch um uns persönlich. Das verdeutlichte auch der gemeinsame Tag, um die Position der Caritas, deren Rolle und Auftritt in der Kirche der Zukunft zu klären. „In einer Zeit, wo leider viele Menschen die Antwort für sich nur noch im Austritt sehen“, so Epe. Dass der „Laden reformbedürftig“ sei, wie es „Hettwich vom Himmelsberg“ markant-humorvoll formulierte, war wohl für alle Anwesenden unstrittig. „Wer vom Sockel gefallen ist, kann zumindest nicht mehr auf andere herabschauen“, so die pragmatische Abrechnung mit der Institution Kirche und deren Amtsträgern.

„Eine leere Kirche kannst du nicht für voll nehmen“

„Wir müssen es schaffen, die Glaubwürdigkeitskrise zu überwinden und als gelebte und erlebte Caritas den Menschen einen Grund zum Bleiben zu bieten“, hob auch Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig aus Paderborn hervor. Dafür müsse auch das „Bodenpersonal“ seine Hausaufgaben machen, appellierte Kristina Sobiech, Sozialarbeiterin bei der Caritas in Dortmund. „Sich einmischen, hinterfragen und mit neuen Ideen Glauben lebbar machen“, laute die Devise der youngcaritas-Aktivistin mit Blick auf die kirchlich Engagierten. „Wir müssen authentisch bleiben und auch den Mut aufbringen, mal gegen den Strom zu denken, zu sprechen und zu handeln“, bekräftigte sie.

Einmischen und Glauben lebbar machen

Den beteiligten Akteuren war es zu verdanken, dass das die thematische Auseinandersetzung mit dem „Zweiklang“ Kirche und Caritas unterhaltsam und tiefgründig zugleich angegangen werden konnte. Der „kränkelnden Mutter Kirche“ als Patientin wieder auf die Beine helfen, wusste eine Schülergruppe der Gesamtschule Finnentrop im Dialog am OP-Tisch eindrucksvoll darzustellen. Während sich drei junge Damen des St. Ursula Gymnasiums Attendorn der Botschaft Jesu in Form eines Poetry Slams näherten, wurde im Videobeitrag der Caritas-Auszubildenden klar: Gott ist „one of us“! Auch wenn oftmals eine Trennung zwischen Kirche und Glaube vollzogen werde, berechtigte Fragen und Zweifel bestehen. Diese kamen auch in der anschließenden Podiumsdiskussion unter Einbeziehung der Gäste offen zum Ausdruck. So ergab eine digitale und anonyme Umfrage zu Kernthemen, dass aus Sicht der Teilnehmenden der Umgang mit sexuellem Missbrauch, aber auch der finanzielle Aspekt maßgeblich für Kirchenaustritte sorge. Auf die Frage nach den Werten, für die die gegenwärtige Caritas stehe, wurden Nächstenliebe, Menschlichkeit, Zuwendung, Vielfalt, Gemeinschaft und Unterstützung benannt.

Zeit und Zuwendung sind die wertvollste Art des Gebens

Die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens der Caritas an Marie Luise Hesse läutete im Anschluss einen Höhepunkt des CariTages ein. Für ihr jahrzehntelanges hauptberufliches und ehrenamtliches Engagement – davon 20 Jahre als Leitung der Olper Möbelbörse – wurde die „Caritäterin mit Herzblut“ gewürdigt. Bei der anschließenden Innovationspreisverleihung hieß es: „Bühne frei“ für viel engagiertes Bodenpersonal aus Hauptberuf und Ehrenamt. Besonders gute Ideen und deren Umsetzung wurden in sieben nominierten Projekten in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Der Preis in Bronze ging an die Caritas-Konferenz Serkenrode unter Federführung von Elisabeth Jostes. Mit einem Text- und Bildvortrag, verbunden mit musikalischen Einlagen, wurde sich hier auf den „Weg zu den Menschen“ gemacht – in stationäre Einrichtungen, in Pfarrgemeinden.

Den Silberpreis erhielt die CariWeb-Projektgruppe, die mit der Einführung eines neuartigen Social Intranet den Austausch für alle hauptberuflichen Mitarbeitenden auf ein verbessertes Kommunikations- und Informationsniveau hob.

Ganz oben auf’s Treppchen schaffte es ein Projekt, das für Nachhaltigkeit und Solidarität steht – ein vorbildliches Beispiel für die Zusammenarbeit von Hauptberuf und Ehrenamt. Seit Mai zeigt das Gemeinschaftsprojekt „Zu gut für die Tonne – FAIRteiler“, wie ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource Lebensmittel erfolgen kann. Bedürftige Menschen aus Attendorn sind nach vorheriger Anmeldung jeden Donnerstagmittag zum Eintopfessen in den Schüldernhof 6 eingeladen. Ziel ist es, notleidenden, einsamen und älteren Menschen eine warme Mahlzeit zu schenken und ihnen Begegnung und Austausch zu ermöglichen. Initiiert wurde die Aktion von der Caritas-Konferenz St. Johannes Baptist, der Caritas-Koordination, dem Caritas-Zentrum Attendorn sowie der Vinzenz-Konferenz.

Olpe, 14.11.2022

Janine Clemens, Öffentlichkeitsarbeit & PR