„Die Kinder haben eine Chance“: Oft braucht es eine Generation, bis Migranten Fuß fassen

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„Für meine Kinder und mich hat sich vieles zum Guten gewendet“, strahlt Joyce Abena Amoah. Beim Termin mit Migrationsberaterin Martina Zillinger von Caritas-AufWind Olpe, berichtet sie, dass der Aufenthaltsstatus ihrer Familie angepasst wurde. Nicht zuletzt auch dank des Einsatzes und der wertvollen Begleitung der engagierten Caritas-Mitarbeiterin. Die Frau aus Ghana und ihre vier Töchter dürfen weiterhin im Kreis Olpe leben. Die Ausländerbehörde hat eine Aussetzung der Abschiebung bewilligt – eine Duldung. Für wie lange, wird sich zeigen. „Dieses Zittern und Bangen, die jahrelangen Integrationsbemühungen und die andauernde Bewältigung von Bürokratiehürden erscheinen für viele von uns ganz weit weg. Für Migrantinnen wie Joyce ist es jedoch täglich gelebte Realität“, berichtet Martina Zillinger. Anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni möchten die beiden Frauen aufzeigen, wie wichtig es ist, geflüchteten Menschen mit sehenden Augen „die Hand zu reichen“.

Seit mehr als zehn Jahren ist sie in der Flüchtlingsberatung bei Caritas-AufWind Olpe tätig. „Mein absoluter Traumjob, da ich gerne mit Menschen arbeite und ein gewisses Kümmer-Gen in mir trage“, so Martina Zillinger, die seit jeher gerne in der Welt unterwegs ist. „Mich haben schon immer andere Länder, fremde Kulturen und die Menschen dort interessiert. Die Erfahrungen haben mich geprägt und mir deutlich vor Augen geführt, wie gut es uns hier in Deutschland geht und wie privilegiert wir doch leben.“ Nicht nur die Dankbarkeit und der „Wille, etwas zurückzugeben“ begleitet die gelernte Bankkauffrau und studierte Sozialpädagogin bei ihrer Arbeit in der Integrations- und Migrationsberatung. „Ich möchte etwas bewegen und bestmögliche Unterstützung für die Menschen leisten, die nach einer oftmals jahrelangen und kräftezehrenden Flucht bei uns ein neues Zuhause in Sicherheit suchen.“

Mit Blick auf die Weltkarte, die in ihrem Büro in der Kolpingstraße 62 hängt, berichtet Martina Zillinger von bewegenden Schicksalen und vielfältigen Notlagen, mit welchen sie bei ihrer täglichen Arbeit konfrontiert ist. „Kein Mensch verlässt seine Heimat freiwillig. Die Menschen sind alle traumatisiert“, betont die Dreifach-Mutter aus dem Siegerland. „Auch hier bei uns erwartet die Flüchtlinge eine harte Realität: Vom Ankommen in einem fremden Land bei Menschen anderer Kulturen und Religionen, dem anfänglichen Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit über langwierige Asylverfahren, Zuweisungen und Behördengänge. Es ist ein langer Weg in ein neues Leben.“, weiß Martina Zillinger.

„Kein Mensch flieht freiwillig – aber ganz freiwillig können wir uns entscheiden, zu helfen!“

„Meine Reisen haben mich nicht so viel über die Menschen gelehrt, wie die Arbeit an meinem Beratungstisch. Für mich ist es nicht nur ein Job, es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Klienten zu helfen, mich für ihre vielfältigen Anliegen aktiv einzusetzen, das deutsche System verständlich zu machen und sie in ihrer Selbstständigkeit zu fördern.“ Eingebunden in ein großes Netzwerk von Beratungs- und Anlaufstellen schaut die engagierte Caritas-Mitarbeiterin ganz individuell, was genau der hilfesuchende Klient braucht. Dabei sei jeder Fall anders und immer wieder neu herausfordernd. Von der Vermittlung in Sprachkurse und Hilfen bei Antragsstellungen über gemeinsame Behördengänge bis hin zu der Begleitung zu Ärzten – „ich nehme die Sorgen und Bedürfnisse der Hilfesuchenden ernst, verstehe mich auch als Motivatorin und Brückenbauerin“, so Martina Zillinger. Ihre Tätigkeit im Beratungshaus der Caritas in Olpe erfordere auch fortlaufend ein Einlesen in Gesetzestexte, die Beschäftigung mit rechtlichen Veränderungen in unserem komplexen Sozialsystem sowie viele Gespräche und Auseinandersetzungen mit Ämtern und Behörden.

„Oftmals dauert es eine Generation, bis geflüchtete Familien wirklich Fuß fassen“, weiß Zillinger aus Erfahrung zu berichten. Das zeigt auch das Beispiel von Joyce Abena Amoah. Im Februar 2018 ist sie im Rahmen der Familienzusammenführung mit den drei Kindern aus dem westafrikanischen Ghana nach Deutschland zu ihrem damaligen Mann gekommen. Die Hoffnung auf ein neues Zuhause und ein Leben in Sicherheit war ein stetiger Begleiter auf ihrem langen Weg, der sie in die Kreisstadt Olpe führte. In der Zwischenzeit ist viel passiert – die Geburt der vierten Tochter, die Trennung von ihrem Ehemann sowie etliche Umzüge. Immer im Gepäck: Die ständige Angst, in das Heimatland ohne Perspektive abgeschoben zu werden. Denn ihr Asylverfahren ist auch sechs Jahre nach dem Verlassen der Heimat Ghana nicht abgeschlossen.

Migrationsberatung als Wegbegleitung und Chancen-Stifter

Joyce Abena Amoahs eigene Sprachkenntnisse sind derzeit noch zu gering, um beruflich durchstarten zu können. „Aber ich arbeitete daran“, versichert die Westafrikanerin. Ihr Fokus lag bislang auf ihrem Nachwuchs. „Meine Töchter sollen es besser haben und ein glückliches, freies und selbstbestimmtes Leben führen können“, so die Vierfach-Mama. Die 43-jährige lebt mit ihrer jüngsten Tochter Hayley (4) in einer Wohnung in einem Olper Stadtteil, wo sie sich sehr wohl fühlt. Ihre drei inzwischen erwachsenen Töchter, die alle eine Ausbildung in einem namhaften Hotelbetrieb absolvieren, wohnen zusammen in einer WG im Repetal und sind inzwischen „gut angekommen und integriert“. Die Kinder im Alter von 18, 20 und 22 Jahren befinden sich derzeit in „Ausbildungsduldung“, haben eine gute Bleibeperspektive. Nicht zuletzt auch dank der Unterstützung von Martina Zillinger. Jetzt gilt es, die Integrationsbemühungen der Mutter voranzutreiben, um auch ihren Aufenthaltsstatus zu sichern. „Es kann ja nicht sein, dass die Kinder dauerhaft hier leben dürfen, Joyce Abena aber irgendwann wieder ausgewiesen wird“, erklärt die Migrationsberaterin, die betont, dass Integration nur dann gelingen kann, wenn man den Menschen eine echte Chance gibt.
Joyce Abena Amoah ist dankbar, Martina Zillinger als starke Partnerin und Chancen-Stifterin an ihrer Seite zu wissen: „Sie sieht uns, hört zu und unterstützt mich und meine Kinder mit viel Engagement und offenem Herzen!“

Infobox:

  • Am 20. Juni 2024 findet zum 24. Mal der Weltflüchtlingstag statt. Dieser Tag wurde 2001 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um auf die Situation und Notlage von Menschen aufmerksam zu machen, die aufgrund von Kriegen oder anderen Krisen aus ihrer Heimat vertrieben wurden, vor Konflikten oder Verfolgung geflohen sind.
  • Aktuell sind mehr als 114 Millionen Menschen auf der Flucht – dies ist die größte Zahl an Vertriebenen, die je registriert wurde.
  • Der Weltflüchtlingstag wirft ein Licht auf die Rechte, Bedürfnisse und Träume von Flüchtlingen und trägt dazu bei, politischen Willen und Ressourcen zu mobilisieren, damit Flüchtlinge nicht nur überleben, sondern auch wieder eine Perspektive bekommen.
  • Die Migrationsberatung ist von großer Bedeutung. Sie ist ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft. Die Arbeit in der Migrationsberatung ist anspruchsvoll und von vielen Herausforderungen und Schattierungen gekennzeichnet: Es kann um Wohnungsnot gehen, um Ungleichbehandlung, um Sprachbarrieren und vieles mehr. Oft ist es mehr als Beratung, da eine intensive Begleitung der Menschen notwendig ist, um wirkliche Hilfen leisten zu können.

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Joyce Abena Amoah ist froh, in Martina Zillinger nicht nur eine versierte und hoch engagierte Ansprechperson, sondern auch eine „Vertraute mit Herz“ gefunden zu haben.

Olpe, 20.06.2024
Janine Clemens, PR & Fundraising